[Ben Kitto 03] • Kalt flüstern die Wellen by Penrose Kate

Autor:Penrose, Kate [Penrose, Kate]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman-Krimi
ISBN: 9783104911892
Amazon: B088NNVPND
Goodreads: 61946298
Herausgeber: FISCHER Taschenbuch
veröffentlicht: 2020-05-27T07:00:00+00:00

22

Bei Einbruch der Dämmerung ist Jimmy allein auf dem Down. Obwohl Naomis Flehen ihm noch immer in den Ohren klingt, hat er ihre Bitte nicht erfüllt. Er war in Richtung Middle Town gelaufen und hatte die Ortschaft fast erreicht, als die Panik ihn zurückschrecken ließ. Wie soll er jemandem erklären, dass sie in Gefahr schwebt, wenn er nicht einmal sprechen kann? Naomi hat gesagt, der Mörder käme womöglich zurück; also wäre es seine Schuld, wenn ihr etwas zustieße. Da er Angst hat, das Haus unbeaufsichtigt zu lassen, ist er den ganzen Tag lang dort patrouilliert. Der Gedanke, bald vielleicht noch eine Tote auf dem Gewissen zu haben, ist ihm unerträglich. Also behält er, mit einem Ast bewaffnet, von einem Ulmendickicht aus den Eingang im Blick. Er starrt schon so lange auf das Tor des alten Herrenhauses, dass es vor seinen Augen verschwimmt. Die Nachtvögel stimmen ihr abendliches Konzert an, doch ihr Lied ist schwer zu deuten. Sagen sie ihm, dass er weiter Wache halten oder dass er Hilfe holen soll? Er zaudert noch eine Weile, bevor er sich entscheidet. Er muss jemanden finden, der vertrauenswürdig ist; jemanden, der verstehen wird, was los ist.

Als er den Blick schweifen lässt, leuchtet das Haus der Tolmans wie ein Signalfeuer in der Bucht. Jimmy schaut noch ein letztes Mal zum Herrenhaus, bevor er durch die Büsche davonstolpert. Völlig außer Atem erreicht er das Grundstück der Tolmans; durch die Fenster im Erdgeschoss dringt helles Licht. Als er an die Tür klopft, öffnet ihm die Frau des Architekten. Deborah steht da und wartet darauf, dass er etwas sagt, doch er bringt nur einen Schwall unverständlicher Laute hervor.

»Lass den Stock hier stehen und komm rein, Jimmy.«

Er zeigt auf die andere Seite der Bucht und versucht, sich verständlich zu machen, Deborah lächelt jedoch nur und öffnet die Tür noch ein Stück weiter.

»Martin ist im Pub, aber er bleibt nicht lange. Komm mit, du siehst hungrig aus.«

Deborah führt ihn in die Küche und stellt einen Becher Milch und ein Stück Kuchen vor ihn. Sein Hunger ist so groß, dass er es hinunterschlingt, ohne zu bemerken, dass sie den Raum verlassen hat. Als er aufgegessen hat, hört er sie durch die Wand leise sprechen. Sie ruft die Polizei an; ihr gedämpfter, eindringlicher Ton löst bei ihm Panik aus. Er springt so schnell auf, dass er den Stuhl umwirft. Wenn die Polizei ihn festnimmt, kann Naomi niemals entkommen. Mrs. Tolman ruft seinen Namen, als er durch den Flur rennt, aber es ist zu spät. Er reißt die Haustür auf und läuft über die Lichtung davon.

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